Pressemitteilung zur “CONVIVO-Insolvenz” vom 27.03.2023
Seniorenheime waren gestern
Der Wohn- und Pflegeheimbetreiber Convivo mit Sitz in Bremen hat Insolvenz angemeldet. Mit Enttäuschung haben sicherlich viele Bürger*innen diese Nachricht aufgenommen und so wie es aussieht, bleibt das Areal rund um den Kaiserhof weiterhin ohne Zukunft und das Konzept Service-Wohnen, Tagespflege und Hotel ist gescheitert bzw. in sehr weite Ferne gerückt.
Nach Ansicht der WP-Fraktion verhindert das unrühmliche Ende des Projektvorhabens allerdings Schlimmeres. Nicht nur, dass das Projektvorhaben am Fuße des Wittekindsberges nach unserer Auffassung völlig überdimensioniert war, sondern das jetzt gescheiterte Vorhaben war zugleich mit erheblichen städtebaulichen Risiken verbunden. So sollte mit dem jetzt geplanten Vorhaben bereits die dritte große Pflegeeinrichtung in nur wenigen Gehminuten voneinander entfernt entstehen: es gibt zum Einen die gerade fertiggestellte Seniorenresidenz in Barkhausen sowie das „Service-Wohnen“ für Senioren im ehemaligen Berghotel auf der gegenüberliegenden Weserseite in Hausberge.
Geänderte Rahmenbedingungen in der Pflege
Dabei hätten Politik und Projektentwickler längst zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich die Grundvoraussetzungen für das Projektvorhaben ständig verschlechterten. Nicht nur, dass fehlendes Personal, steigende Personalkosten, und massiv gestiegene Energiepreise die Betreiber von Pflegeheimen mehr und mehr belasten, sondern sie sehen sich zunehmend mit schwierigen Investitionsbedingungen konfrontiert. Angesichts der oft niedrigen Belegungszahlen wie jetzt bei der Insolvenz des Wohn- und Pflegeheimbetreibers Convivo, kommt das System der privaten Altenpflegeheime endgültig in die Schieflage.
Daher ist Vorsicht geboten und zu viel Euphorie ist angesichts der Lage der Branche unangebracht. Nicht nur, dass durch den Bau immer neuer Einrichtungen bestehenden Strukturen der Altenpflege gefährdet werden, da sich die Einrichtungen gegenseitig kannibalisieren, sondern es drohen vielerorts städtebauliche Investitionsruinen, sollten die Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt scheitern. Angesichts zunehmender Insolvenzen von Pflegeeinrichtungen sieht Stadtentwicklungsplanung anders aus.
Fest steht, Seniorenresidenzen sind nicht die Zukunft bzw. das Konzept der Altenheime passt nicht mehr in die neue Alterskultur. Viele Ältere wollen die letzten Lebensjahre in den eigenen vier Wänden verbringen wollen und nicht in Heimen. Die Pflege älterer Menschen am Wohnort wird zum neuen urbanen Wachstumsmarkt. Es geht um dezentrale Lösungen und Modelle, intelligente Wohn- und Nachbarschaftsformen, Telemedizin und Selbstorganisation. Der Einsatz von z.B. Künstlicher Intelligenz könnte als Ergänzung bei der Betreuung von älteren Menschen gute Dienste leisten. Und da, wo weiter Einrichtungen für Ältere benötigt werden, sollte dieser Bereich gemeinwohlorientiert organisiert sein. Dabei geht es nicht nur um bessere Rahmenbedingungen bzw. eine bessere Finanzierung der Altenpflege, sondern auch um menschlichere Arbeits- und Lebensbedingungen.
Wir brauchen keine Bettenburgen, in den ältere Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, nur verwahrt werden, weil sich alles andere nicht mehr rechnet.
Unabhängig davon, muss das Areal rund um dem Kaiserhof zwingend weiterentwickelt werden. Es geht um tragfähige zukunftsgewandte Lösungen sowie um einen sorgsamen Umgang mit dem vorhandenen Areal und dem Landschaftsraum – Seniorenheime waren gestern.